Ansich auf beide Rathäuser über eine Frühlingswiese. Rechts das historische Rathaus mit dem Ortsmuseum und links das 1980 eröffnete Rathaus der Gemeinde

Naturns/Südtirol/Italien

Mutterstadt schließt Städtepartnerschaft mit der Südtiroler Gemeinde Naturns

Die Bürgermeister der Partnergemeinden Mutterstadt und Naturns bei der Urkundenübergabe


Erster Kontakt schon vor 46 Jahren

Am 21.10.2011 haben die Gemeinde Mutterstadt und die Südtiroler Marktgemeinde Naturns ihre Partnerschaft begründet. Im Rahmen einer Festveranstaltung im Bürgersaal von Naturns unterzeichneten die Bürgermeister Hans-Dieter Schneider und Andreas Heidegger die Partnerschaftsurkunde und tauschten unter den Klängen der Europa-Hymne die Gemeindefahnen aus.
Durch das Programm des feierlichen Abends führte Kulturreferent Valentin Stocker, der die Anwesenheit der zahlreichen geladenen Gäste als Wertschätzung der Partnerschaft hervorhob.
Unter den angereisten Gästen aus Mutterstadt und dem Rhein-Pfalz-Kreis waren Landtagsvizepräsidentin Hannelore Klamm, Landrat Clemens Körner, Bürgermeister Hans-Dieter Schneider, die Beigeordneten Klaus Leicht und Klaus Lenz, einige Ratsmitglieder, die Mitglieder des Partnerschaftsausschusses, Altbürgermeister Ewald Ledig, Büroleiter Gunther Holzwarth und weitere Verwaltungsmitarbeiter sowie Vertreter der Mutterstadter Musik-, Gesang-, Kultur- und Sportvereine.
Auch die Vorstandsmitglieder des Partnerschaftsvereins unter der Leitung ihres Vorsitzenden Hans-Dieter Kuch nahmen an der Veranstaltung teil. In Naturns beabsichtigt man nun deshalb folgerichtig eine Arbeitsgruppe einzuberufen, die sich im Zusammenwirken mit dem Mutterstadter Partnerschaftsverein mit der Umsetzung der Partnerschaft befasst.
Aus Südtirol und Naturns war Senator Manfred Pinzger aus Schlanders, Südtiroler Abgeordneter im Italienischen Parlament, Vertreter der Verwaltungsbezirke Burggrafenamt und Vinschgau, Bürgermeister Andreas Heidegger, die Gemeindereferenten (Beigeordnete) und der gesamte Gemeindevorstand, Ratsmitglieder, Altbürgermeister Dr. Walter Weiss, Gemeindesekretär (Büroleiter) sowie Vereinsvertreter anwesend.
„Jede Partnerschaft fängt klein an und hat Höhen und Tiefen; sie hat also eine Geschichte“, leitete der Moderator über zu den Festreden der beiden Bürgermeister, die auf den Beginn der Kreispartnerschaft im Jahre 1964 und die ersten Kontakte zwischen Naturns und Mutterstadt zurückblickten, gleichzeitig aber auch ihre Erwartungen und Hoffnungen für die Zukunft formulierten (die Festreden sind im Anschluss in voller Länge abgedruckt).
Landrat Clemens Körner wies in seinem Grußwort darauf hin, dass Städtepartnerschaften mehr denn je gebraucht würden, denn gerade in schwierigen Zeiten seien Sie Ausdruck der Solidarität Europas.
Senator Manfred Pinzger erinnerte in seinem Grußwort an die lange Geschichte der vier Südtiroler Partnerschaften von Schlanders, Martell, Schnalstal und Naturns mit dem Rhein-Pfalz-Kreis und dankte nochmals für die wichtige Unterstützung zum Erhalt der deutschen Kultur in den politisch schwierigen 1960er Jahren.
Gestaltet wurde der Festabend, der aus einem offiziellen und einem unterhaltsam-informativen Teil bestand, von verschiedenen kulturellen Beiträgen. Aus Mutterstadt wirkten in kleinen Besetzungen die Blaskapelle, der 1. Handharmonika-Club und die Kreismusikschule Rhein-Pfalz mit. Naturns präsentierte sich mit der Bürgerkapelle, dem Kirchenchor Staben/Tabland und der Volkstanzgruppe.
Blaskapelle Mutterstadt und Bürgerkapelle Naturns spielten spontan sogar ein Musikstück zusammen. Auch die beiden Leiter der Feuerwehren kamen ins Gespräch und trafen sich am nächsten Morgen zu einer Besichtigung der Naturnser Feuerwache.
Im Verlauf des Abends wurden beide Gemeinden mit einer Power-Point-Präsentation in Text und Bild vorgestellt. Naturns hat 5.500 Einwohner und eine Fläche von 68 km². Zur Gemeinde gehören die drei Fraktionen (Ortsteile) Staben, Tabland und Tschirland sowie 58 Bergbauernhöfe. Naturns verfügt über öffentliche Einrichtungen wie Rathaus, Festsaal, Feuerwehr, Sportanlagen, Festplatz, Schulen, Kindergärten, Seniorenresidenz, Jugendtreff und einen Bahnhof. Neben einem Gewerbegebiet besteht die Wirtschaft überwiegend aus Obstanbau und Tourismus. In Naturns gibt es 11 Vier-Sterne-Hotels, so viele wie in keinem anderen Ort Südtirols. Naturns wirbt mit 315 Sonnentagen im Jahr.
Am Samstagvormittag hatte die Delegation dann Gelegenheit, sich auf eigene Faust in Naturns umzusehen und z.B. den Wochenmarkt, das Naturparkhaus, das Museum und das St.-Prokulus-Kirchlein mit den ältesten Fresken des deutschen Sprachraums zu besuchen. Am Platz vor dem Rathaus war schon die Mutterstadter Gemeindefahne gehisst.
Am Nachmittag lernten die Mutterstadter bei einer Führung Schloss Juval, den zeitweisen Wohnsitz von Reinhold Messner kennen und ließen dann in den rustikalen Räumlichkeiten des Schlosswirts bei Törggelen, Gesang und bester Stimmung den Tag ausklingen.
Mit dem Besuch der Erntedank-Prozession am Sonntagmorgen, bei der die Gäste aus der neuen Partnergemeinde nochmals öffentlich begrüßt wurden, endete eine herzliche und vielversprechende Begegnung.

Festrede von Bürgermeister Hans-Dieter Schneider

Lieber Bürgermeisterkollege Andreas Heidegger,
werte Ehrengäste,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

Jetzt, in der zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts, ist es in Südtirol und in der Pfalz sicherlich nichts Besonderes mehr, Partnerschaften mit Gemeinden aus anderen Ländern Europas zu pflegen oder gar neu zu begründen. Das sah damals, als die ersten Kontakte zwischen unseren beiden Regionen angebahnt wurden, noch ganz anders aus. Da kamen sich die Landräte, Bürgermeister, Kommunalpolitiker und die Bürgerinnen und Bürger, die solche Initiativen mittrugen, wie Pioniere vor. Wie Pioniere, die Neuland betraten und sich auf unsicherem Boden vorantasteten, um neue Wege zueinander zu finden oder, wie in unserem Fall, sich zu unterstützen oder Hilfe zur Selbsthilfe zukommen zu lassen. Beseelt vom Gedanken des Helfens, der Verständigung und der Überwindung einer leidvollen Vergangenheit, sind nicht nur die Politiker unserer Kreise und Gemeinden sondern auch die Bürgerinnen und Bürger aufeinander zugegangen. Sie alle haben dazu beigetragen, Vertrauen zueinander und Verständnis füreinander zu entwickeln, sie alle haben ein dichtes Netz auch ganz persönlicher Kontakte geknüpft.
Die Partnerschaft zwischen der Marktgemeinde Naturns und der Gemeinde Mutterstadt, die wir heute offiziell begründen wollen, ist vor diesem Hintergrund von Beginn an auf die Zukunft gerichtet. Der Wille, eine glückliche, eine friedfertigere Zukunft zu sichern, ist das entscheidende Motiv, sich für zwischenmenschliche Begegnungen auf kommunaler Ebene einzusetzen. Die Zukunft zu bewältigen, das steht auch heute im Mittelpunkt städtepartnerschaftlichen Austausches.
Bei den zahlreichen Besuchen im Rahmen der seit 40 Jahren bestehenden Kreispartnerschaft und bei den vorbereitenden Delegationsbesuchen in den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass Sie in Naturns und wir in Mutterstadt es beide mit ganz ähnlichen Aufgaben und Problemstellungen zu tun haben.
Sei es nun ganz allgemein die Finanzierbarkeit kommunaler Aufgaben, Standortmarketing, Öffentlichkeitsarbeit oder Bürgerbeteiligung, Verkehrspolitik oder Wohnungsbau, Integration von Neubürgern oder Umweltschutz und nicht zuletzt die Sicherung unserer typischen sozialen Struktur mit Kirchen sowie sport- und kulturtreibenden Vereinen als tragenden Säulen. Oder regionsspezifische Parallelen wie die erheblichen Belastungen durch Ziel-, Quell- und Transitverkehr oder der intensive Obst- bzw. Gemüseanbau mit intensiven Anforderungen an Erzeugung, Vermarktung und Verkehrslenkung – wir alle suchen hier nach effektiven Lösungen. Jede Gemeinde ist froh, Anregungen zu bekommen; und gerade wir, die wir Partnerschaften mit Gemeinden anderer Länder pflegen oder auch neu gründen, wissen, wie wertvoll der Blick über den Tellerrand hinaus sein kann.
Denn wer aufgeschlossen dafür ist, wie Menschen, die mit anderen Sitten und Gebräuchen aufgewachsen sind, an die Dinge herangehen, der kann eine Menge erfahren. Wer sich damit auseinander setzt, wie der Alltag in anderen Ländern bewältigt wird, wird stets seinen Horizont erweitern. Gewonnenes Know-how auszutauschen, über gemeinsame oder gegenteilige Erfahrungen zu diskutieren, unterschiedliche Ansätze zu vergleichen, das bringt alle weiter und öffnet die Tür zu ganz neuen Lösungen. Wir alle wissen: Weltoffenheit ist heutzutage auch für Gemeinden unserer Größenordnung ein unverzichtbares Element und Markenzeichen.
Dabei sollten wir uns von Anfang an über eines im Klaren sein: Wie Freundschaften oder Ehen wollen auch Städtepartnerschaften gepflegt sein, und deshalb dürfen wir unsere Partnerschaft nicht als reine Routineangelegenheit ansehen. Insbesondere müssen wir es jeder Generation aufs Neue ermöglichen, Kontakte zu knüpfen und ganz unmittelbar in Gastfamilien oder bei Vereinsaustauschen zu erleben, wie der Alltag in der Partnergemeinde aussieht und welche Fragen die Menschen dort bewegen. Jede Generation braucht die Erfahrung, sich auf andere Denkweisen und Lebensgewohnheiten einzulassen und Toleranz zu entwickeln.
Aufgeschlossenheit und Toleranz sind umso wichtiger, je mehr Europa, je mehr die ganze Welt zusammenwächst, gerade auch in Zeiten wie aktuell, wo durch wirtschaftliche Probleme der Zusammenhalt auf besondere Bewährungsproben gestellt wird.
Die Entwicklung, die wir gemeinhin als Globalisierung bezeichnen, findet oft über die Köpfe der Menschen hinweg statt. Die großen Wirtschaftsunternehmen agieren global, Computer sind weltweit vernetzt - doch wo bleibt der Einzelne?
Partnerschaften sind hier ein ideales Forum, das Aufeinander-Zugehen auch selbst zu erleben und sogar mitzugestalten. Gemeindepartnerschaften bieten die Chance, sich zu engagieren und ein Stück weit an globaler Verständigung mitzuarbeiten. Und sie bieten die Gelegenheit, viel Neues kennen zu lernen und neue Freunde zu gewinnen.
Diese Ideen bestimmen auch die heutige Partnerschaftsunterzeichnung, die auf stabilen Fundamenten gegründet wird:
Das ist zum einen neben privaten Hilfsaktionen für die Südtiroler in den 1930er und 1950er Jahren die seit 1964 bestehende partnerschaftliche Verbindung unseres Kreises mit Naturns, Schnals und etwas später auch mit Martell und Schlanders. Hinzu kommen die Gemeindepartnerschaften der südtiroler Gemeinden Martell und Schlanders mit unseren Kreisgemeinden Dudenhofen und Böhl-Iggelheim. Dazwischen gab es auch immer wieder Treffen von Repräsentanten Südtirols und des Rhein-Pfalz-Kreises im Rahmen der Kreispartnerschaft. Andererseits haben aber auch direkte Beziehungen zwischen Naturnser und Mutterstadter Organisationen bzw. Bürgerinnen und Bürgern schon eine lange Tradition:
Ich denke hier an einen Lichtbildervortrag des Gartenbauvereins Mutterstadt über Südtirol im Januar 1965, dem der Besuch einer Bürgergruppe aus Naturns, verbunden mit Konzerten der Bürgerkapelle in der alten Turnhalle und an der Walderholungsstätte Mutterstadt Anfang Mai 1965 folgte. Schon zu diesem Anlass äußerte der damalige Landrat Dr. Scherer in seinem Grußwort den Wunsch nach engeren Kontakten zwischen Mutterstadt und Naturns.
Zum Gegenbesuch weilten über 200 Mutterstadter Ende Mai 1965 anlässlich einer Lehrfahrt des Gartenbauvereins und des Betriebsausflugs der Gemeindeverwaltung in Naturns und brachten einen Baustein zur Errichtung der Festhalle mit. Es folgten unter anderem der Auftritt des 1. Handharmonika Clubs Mutterstadt in Naturns im Jahre 1978, der Besuch der Verwaltungsspitze von Naturns im August 2005 bei meinem Amtsvorgänger Ewald Ledig in Mutterstadt, mein privater Besuch bei Bürgermeister Heidegger im Juli 2008 mit dem Ziel einer Wiederaufnahme der Partnerschaftsgespräche, das Treffen einer Mutterstadter Gemeinderatsdelegation mit Naturnser Kollegen im Mai 2009 in Naturns und schließlich unser vorbereitendes Gespräch der Bürgermeister mit Verwaltungsleitung für den heutigen Tag im Mai dieses Jahres. Erwähnen möchte ich auch, dass für zahlreiche Mutterstadter Bürgerinnen und Bürger Naturns ein beliebtes Stamm-Urlaubsziel ist. Daher bin ich sehr optimistisch, dass unsere Partnerschaft beste Chancen hat auch langfristig und nachhaltig im Sinne der genannten Ziele zu wirken.
Heute ist ein großer Tag für Mutterstadt und Naturns, aber auch für Südtirol und die Pfalz, weil unsere Gemeinden und damit unsere Regionen mit unserer Partnerschaftsunterzeichnung noch ein Stück näher zusammenrücken. Mein besonderer Dank gilt meinem Kollegen Andreas Heidegger, dem ehemaligen Vizebürgermeister Helmuth Pircher und Herrn Senator Manfred Pinzger auf Südtiroler Seite sowie Frau Landtagsvizepräsidentin Hannelore Klamm, Herrn Altlandrat Werner Schröter und Herrn Landrat Clemens Körner auf Pfälzer Seite für die Initiativen und Unterstützung zur Entstehung dieser Partnerschaft. Den Gemeinderäten unserer beiden Kommunen gilt mein Respekt für die einstimmigen Beschlüsse hierzu.
Ich wünsche unserer Partnerschaft zahlreiche freundschaftliche Begegnungen, viele kreative Ideen zum gegenseitigen Nutzen und jede Menge engagierte Mitbürgerinnen und Mitbürger die unsere Verbindung in Zukunft tragen.

Festrede von Bürgermeister Andreas Heidegger

Lieber Bürgermeisterkollege Hans-Dieter Schneider,
liebe Festgäste,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

„Gemeinsam wollen wir den Boden für ein Europa bereiten, das sich in Frieden und Freiheit vereinen soll. Gemeinsam wollen wir auch in Zukunft für ein glückliches Südtirol und die Pfalz arbeiten“. Dieser Text steht auf der Urkunde der ersten Partnerschaftserklärung im fernen Jahr 1964 zwischen der Gemeinde Naturns und dem Landkreis Rhein-Pfalz.
Ein schönes Ziel. Und eine zeitlose Vision, die auch heute noch seine Gültigkeit hat, wenn sich auch seit der Gründung bis heute - in unserem Land, in Deutschland und in ganz Europa vieles sehr positiv verändert.
Das Jahr 64 also, die Geburtsstunde unserer Partnerschaft, führt uns zurück in eine Zeit, in der unser Land, historisch und politisch gesehen, in einem großen Spannungsfeld stand. Nicht zuletzt deshalb suchten Gemeinden unseres Landes nach Partnerschaften im deutschen Kulturraum. Diese vermittelten ein Gefühl der Verbundenheit mit Menschen der gleichen Sprache und Kultur, deren Fortbestand in Südtirol damals alles eher als gesichert galt.
Ich möchte zu Beginn meiner kurzen Festansprache die Gelegenheit nutzen, um allen zu danken, die damals diese freundschaftlichen und partnerschaftlichen Verbindungen in die Wege geleitet haben. Ich denke, es ist für sie eine große persönliche Genugtuung, wenn sie am heutigen Tag feststellen können, dass sich diese erfolgreich und fruchtbringend weiter entwickelt haben. Schon allein die Tatsache, dass daraus viele Freundschaften entstanden sind, ist ein großer Gewinn.
Namentlich und stellvertretend möchte ich hier Alfons Hanny nennen. Er war es, der die ersten Kontakte mit dem damaligen Landrat Dr. Scherer geknüpft hatte. Und somit offiziell als Pionier unserer Partnerschaft mit dem Landkreis Rhein-Pfalz gilt, der damals noch Ludwigshafen geheißen hat. Alfons Hanny ist unter uns. Ich möchte ihn ganz herzlich begrüßen.
Wenn wir heute in die Zeit der 60er Jahre zurückblicken, dann wissen wir, dass es unserem Land damals auch wirtschaftlich nicht besonders gut ging. Viele Südtiroler mussten aufgrund mangelnder Arbeitsplätze im Land ihre Heimat verlassen und auswandern. Auch die Gemeinden Südtirols standen finanziell nicht so gut da wie heute.
Durch die Gemeindepartnerschaften entstanden sehr oft finanzielle Brücken, für den Bau von Kindergärten, von Schulen und Vereinshäusern, besonders in den Tälern und Kleinstgemeinden. Ich denke, man sollte auch in Zeiten, in denen es einem besser geht, nicht vergessen, dankbar darauf hinzuweisen.
Es folgten die 70er Jahre. Dank der Landesautonomie konnte das Land Südtirol viele Bereiche, abgekoppelt von der Römischen Zentralregierung, selbst und besser verwalten. Es begann der große wirtschaftliche Aufschwung.
Wiederum trugen unter anderem auch die vielen Gemeindepartnerschaften zur touristischen Erschließung des Landes bei, sie entwickelten eine Eigendynamik und sind in vielen Gemeinden Südtirols, ja man könnte fast sagen, zu touristischen Selbstläufern geworden, aber nicht im negativen Sinn. Denn auch der Tourismus trug wesentlich zum Aufbau unserer heimischen Wirtschaft bei.
Auch innerhalb unserer Partnerschaft mit dem Landkreis wurden rege Kontakte gepflegt, vor allem durch gegenseitige Besuche zwischen Vereinen und durch die Gemeindeverwaltungen.
Unter dem damaligen Vizebürgermeister Helmuth Rechenmacher erlebten sie die Zeit der Hochkonjunktur. Helmuth Rechenmacher musste sich für den heutigen Abend entschuldigen. Er freut sich und lässt alle ganz herzlich grüßen.
Auch der auf ihn folgende Vizebürgermeister Helmuth Pircher initiierte viele Begegnungen und persönliche Kontakte. Sodass er schlichtweg als Außenminister der Gemeinde Naturns bezeichnet werden kann.
Zugegebener Maßen sind in den letzteren Jahren die Verbindungen wieder etwas abgeflaut und zum Erlahmen gekommen, weshalb neue Überlegungen notwendig wurden, um der Partnerschaft wieder neuen Schwung und neues Leben einzuhauchen.
Auch Gemeindepartnerschaften sind, wie man sieht, wenn sie funktionieren sollen, fast wie ein Dauerauftrag zu verstehen: ein kontinuierliches Engagement, ein hohes Maß an Motivation und Begeisterungsfähigkeit sind notwendig.
Bei den gegenseitigen Besuchen der Gemeindevertretungen von Naturns und Mutterstadt in den letzten zwei, drei Jahren wurden viele Gespräche geführt, Erfahrungen ausgetauscht und es wurde über neue Impulse nachgedacht.
So entstand das gemeinsame Interesse, die Partnerschaft fortzusetzen und weiter zu entwickeln, mit einer Gemeinde innerhalb des Landkreises, um im kleineren und abgegrenzten Umfeld, die Identifikation und die Beziehungen zwischen den Menschen, den Vereinen und Organisationen zu verbessern, zu steigern und neu auszurichten.
Die Gemeinderäte stimmten dem neuen Projekt zu, wenn auch die Diskussionen sehr kritisch aber sehr konstruktiv geführt und die Argumente genau hinterfragt wurden.
Haben Partnerschaften ihren Sinn und Zweck erreicht? Sind sie überflüssig geworden? Oder erhalten sie im Europa der Zukunft sogar eine neue Bedeutung?
Sicherlich, damals hatten die Motive für die Gründung europäischer Gemeindepartnerschaften noch völlig andere Blickpunkte. Galt es doch durch eine verbesserte Völkerverständigung die Menschen einander näher zu bringen. Und wir sind, denke ich, gemeinsam auf dem richtigen Weg in ein friedliches und vereintes Europa. Und einen Beitrag dazu haben und konnten sicherlich auch die Gemeinde- und Städtepartnerschaften leisten.
Trotzdem, sie sind nicht überflüssig geworden. Ganz im Gegenteil. Die Menschen von Naturns und Mutterstadt sollen zusammenkommen, um voneinander und miteinander zu lernen. Sie sollen durch die Vereine, durch Schülergruppen, durch die Senioren, durch die Jugend, durch die Sportler, die Musikanten und Sänger, die Berufsverbände und die Pfarrgemeinden zusammengeführt werden.
Man sagt heute, die Welt sei kleiner geworden. Informationen sind immer und zu jeder Zeit abrufbar. Und gerade deshalb müssen die Menschen wieder mehr untereinander kommunizieren und das nicht nur über die Bildschirme. Dies denke ich muss der erste und wichtigste Vorsatz sein.
Aus kommunaler Sicht haben unsere beiden Gemeinden auf den ersten Blick wenig aber doch vieles miteinander gemeinsam, woraus sich ein sehr wertvoller und konstruktiver Erfahrungsaustausch entwickeln kann. Ein Erfahrungsaustausch in verschiedensten Bereichen, auf die Bürgermeister Schneider etwas näher eingehen wird, die für uns nützlich sind, um den Blick über den Horizont hinauszuwerfen.
Vielleicht sollten wir die Erwartungen in unsere neue Partnerschaft auch nicht zu hoch schrauben, sondern sie wachsen lassen, sie als eine neue Herausforderung sehen, und als ein Geschenk. Als Geschenk, das man nicht geschenkt bekommt, sondern das man sich immer wieder neu erarbeiten muss.
Der Bürgermeister von Mutterstadt ist heute mit einer Abordnung nach Naturns gekommen, um mit uns gemeinsam die Erklärung zur Partnerschaft feierlich zu unterzeichnen. So kann das Werk weiterleben, das unsere Vorgänger mit großer Überzeugung auf den Weg gebracht haben.
Ich danke allen, die in Zukunft bereit sind, zum Aufbau lebendiger, freundschaftlicher Beziehungen und Begegnungen. In diesem Sinne, hoffe ich, dass es uns gelingt, eine breite Brücke zu bauen, die uns in die Zukunft trägt, damit wir noch näher zusammenrücken als Europäer, als Südtiroler und Pfälzer, als Naturnser und Mutterstädter, aber ganz besonders als Menschen.

Die Mutterstadter Partnerschaftsurkunde:

Unsere Partnerschaft
mit der Gemeinde Naturns
In der festen Absicht, freundschaftliche Beziehungen der Völker Europas zu fördern und im Bestreben, das Zusammenleben der Menschen in FRIEDEN und FREIHEIT zu sichern, besiegeln
die Marktgemeinde Naturns, Südtirol
und
die Gemeinde Mutterstadt, Rhein-Pfalz-Kreis
vertreten durch ihre Bürgermeister, mit der Unterzeichnung dieser Urkunde ihre
PARTNERSCHAFT.
Diese Partnerschaft soll ein Beitrag unserer beiden Gemeinden zu einer dauerhaften Freundschaft sein.
Wir wollen die menschlichen, kulturellen, sportlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Gemeinden fördern und vertiefen, um miteinander und voneinander zu lernen.
In diesem Sinne wollen wir unsere BürgerInnen zusammenführen und ihre Begegnungen tatkräftig unterstützen.
Wir werden besonders der Jugend Gelegenheit zum gegenseitigen Austausch und Kennenlernen geben.
Wir laden alle BürgerInnen, Vereine, Verbände, Schulen und Organisationen unserer Gemeinden ein, an der Partnerschaft aktiv mitzuwirken und den gegenseitigen Austausch mit Achtung und Toleranz zu pflegen.
Die Partnerschaft wurde von den Gemeinderäten der beiden Gemeinden beschlossen.

Gezeichnet in Naturns am 21. Oktober 2011.

Hans-Dieter Schneider
Bürgermeister der Gemeinde Mutterstadt

Andreas Heidegger
Bürgermeister der Marktgemeinde Naturns